Frankfurt und die Protokolle

Frankfurt

Das Staatliche Schulamt in Frankfurt steigert seine Intransparenz den Eltern gegenüber

– Die Amtsleiterin verweigert die hessenweit üblichen Protokolle über gemeinsame Gespräche zwischen Eltern und Behörde

Nicht selten kommt es vor, dass Eltern wichtige Fragen zur Beschulung ihres Kindes mit den Vertreter*innen des Staatlichen Schulamts klären müssen. Bei den Gesprächen, die dann in der Behörde gemeinsam stattfinden, wird normalerweise eine Person des Staatlichen Schulamtes damit beauftragt, ein Ergebnisprotokoll zu schreiben.

Protokolle sind ein wichtiges Instrument für die Dokumentation und Steuerung von Abläufen und Handlungen

Sie eröffnen die Möglichkeit, Besprechungen schriftlich festzuhalten oder rekonstruieren zu können. Über Protokolle können die Informationen an andere weitergegeben werden. Sie sind daher ein wichtiges Kommunikations- und Organisationsinstrument, gerade auch beim Handeln der Behörde dem Bürger gegenüber. Beschlüsse und vereinbarte Maßnahmen werden verbindlich dokumentiert und sind so für den Bürger verlässlich.

In Frankfurt gilt das alles nicht mehr: Die Amtsleiterin des Staatlichen Schulamtes der Stadt Frankfurt teilte am 20.11.2019 mit, dass alle Beteiligten sich im Rahmen von Gesprächen zwar Notizen machen oder Mitschriften anfertigen können, „förmliche Protokolle werden seitens meiner Behörde dabei grundsätzlich nicht angefertigt.“

Selbst wenn es sich um „Vereinbarungen oder Festlegungen“ im Rahmen eines solchen Gespräches handelt, sieht sie einen Ermessensspielraum bei den Dezernent:innen, „Ergebnisprotokolle anzufertigen, um eine Verbindlichkeit der Einigungen gewährleisten zu können“. Eine Verbindlichkeit für Ergebnisse, Vereinbarung und gemeinsam getroffene Entscheidungen müssen ihre Mitarbeitenden also gar nicht mehr garantieren. Sie dürfen frei entscheiden, ob und wie sie sich an mündliche Vereinbarungen halten. Für diese Vorgehensweise, die in Hessen absolut unüblich und neuartig ist, liefert sie keine Begründung.

Das Staatliche Schulamt in Frankfurt erteilt also der Klarheit, Transparenz und Verbindlichkeit des eigenen behördlichen Handelns den Eltern gegenüber eine klare Absage. In den anderen Schulamtsbezirken entwickelt sich die Zusammenarbeit mit den Eltern und Elternverbänden weiterhin positiv und man hält im Rahmen von Elterngesprächen/runden Tischen die Ergebnisse selbstverständlich in einem für beide Seiten zugänglichen Protokoll fest, um den Weg zur Lösungsfindung gerade durch das Protokoll für beide Seiten transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Die schriftliche Dokumentation hilft dabei beiden Seiten und unterstützt zudem die Tragfähigkeit der gemeinsam erarbeiteten Lösung. Das Staatliche Schulamt in Frankfurt vermittelt den Eltern und Elternverbänden dagegen, dass es eine verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bürger und Behörde gar nicht wünscht.

Bei den Gesprächen mit dem Staatlichen Schulamt in Frankfurt sehen sich Eltern regelmäßig mehreren Behördenvertreter*innen gegenüber. Das Verhältnis zwischen Eltern und Behörde hat sich bereits verschoben. Eltern sind ständig mit staatlicher Übermacht konfrontiert, für die sie zur eigenen Sicherheit nun noch nicht einmal mehr eine protokollarische Zusammenfassung der Gesprächsinhalte erhalten. Und das wiederum trifft insbesondere die Eltern, die wenig Deutsch sprechen oder in der Schriftlichkeit nicht so geübt sind, so dass sie selbst imstande wären, die Ergebnisse eines solchen Gespräches zu verstehen oder sogar zusammenzufassen. ​ Eltern fühlen sich ausgeliefert. Gerade die Eltern, die wenig Deutsch sprechen, haben anschließend nichts über das in der Hand, was in der Behörde gesprochen wurde. Auch für die Beratungsstellen erschwert das die Arbeit: Wenn die Elterngespräche ohne Protokolle stattfinden, sind solche Gespräche im laufenden Verfahren im Prinzip als nicht existent zu betrachten. Ein wichtiger Teil der Arbeit in der Beratung besteht genau darin, dass die Berater:innen ratsuchenden Eltern zunächst überhaupt erst einmal das Verfahren selbst sowie den aktuellen Verfahrensstand erklären. Das geschieht anhand der schriftlichen Dokumente, die sie vorlegen können. Wenn die betroffenen Eltern uns die Inhalte von Gesprächen im Staatlichen Schulamt nicht wiedergeben können, aber auch keine Protokolle darüber haben, ist die passgenaue Beratung, die immer zum Ziel hat, Verständnis für die aktuelle Situation aufzubringen und für das Kind einen guten Weg zu finden, nicht mehr möglich.

Ganz offensichtlich ist eine unkomplizierte und zügige Beteiligung von Beratungsstellen durch das Staatliche Schulamt in Frankfurt nicht gewollt. Eine Verpflichtung zur Protokollführung besteht sicher nicht, doch es ist eine Frage der Haltung und des Umgangs miteinander.

Das Staatliche Schulamt sorgt hier für größtmögliche Intransparenz des behördlichen Handelns, indem es nur für sich selbst, also „behördenintern“, Notizen macht, dem Bürger aber diese Notizen vorenthält. Dass nun selbst bei Vereinbarungen oder „Festlegungen“ die Mitarbeitenden der Behörde keine Protokolle aushändigen müssen, läßt nur den Schluss zu, dass man sich hier nicht verbindlich festlegen will. Der Bürger bekommt nichts in die Hand, was die Behörde tut. Wenn es sich um Gespräche im Zusammenhang mit der Bildungskarriere eines einzelnen Kindes/Jugendlichen handelt, wie z.B. Verfahren mit negativen Folgen für das Kind (Wahl des Bildungsgangs, Ruhen der Schulpflicht) ist für die betroffenen Eltern alles relevant, was auf dem Weg zur Entscheidungsfindung auf Seiten der Behörde geschieht. Eltern sind der Behörde ausgeliefert, fehlt doch die ordentliche Dokumentation im Hinblick auf ein transparentes und nachvollziehbares Verwaltungshandeln und die Verlässlichkeit hinsichtlich der Gesprächsergebnisse, wenn diese anschließend für sie nicht mehr nachvollziehbar und/oder beweisbar sind.

Eltern sollten also Gespräche mit Vertreter*innen des Staatlichen Schulamtes in Frankfurt aufgrund der von der Behörde selbst formulierten Intransparenz auf das absolut notwendige Mindestmaß beschränken. Wenn sie überhaupt dorthin gehen, dann sollten sie nur mit Beistand erscheinen, der bezeugen kann, was besprochen wurde . Das Staatliche Schulamt in Frankfurt entfernt sich damit weiter von den Bemühungen von Bund und Ländern, eine Verwaltung zu schaffen, die "dem Anspruch an eine transparente und nachvollziehbare Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben gerecht" werden und "das Vertrauen der Bürger in den Staat" stärken soll. Es dreht vieles von dem zurück, was wir in den letzten Jahren in guter Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schulbehörde in Frankfurt schon erreicht haben. ​

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