Die Evaluation der Modellregion West am 10. Dezember 2018 ergab, dass Inklusion an den Schulen Frankfurts überwiegend durch Einzel- oder Gruppenförderung geplant wird (Lerninsel und Kleingruppe). Es erscheint heutzutage normal in Frankfurt, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf regelmäßig den Klassenunterricht verlassen müssen, um eine vermeintlich bessere Förderung zu erhalten. Exklusion in der Inklusion.
2008 hatte die "Lerninsel" noch eine andere Bedeutung: Frau Christ von der Carlo-Mierendorff-Schule beschrieb das Konzept für den elternbund hessen e.V.: Es ging um selbstständiges Lernen für alle Schülerinnen und Schüler, der Lehrer fungierte als Lernbegleiter (6 Lehrer für 100 Schülerinnen und Schüler), es ging nicht um Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, sondern um individualisiertes Lernen in heterogenen Klassen. (http://www.elternbund.de/uploads/elternbriefe/eb96komplett.pdf)
6 Stunden in der Woche lernten die Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse der Carlo-Mierendorff-Schule eigenständig in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch und Gesellschaftslehre. In- steht dabei für individuell, -sel für selbstständig.
In den folgenden Jahren mutierte die Idee der Lerninsel zu einem Instrumen exklusiver sonderpädagogischer Förderung innerhalb der allgemeinen Schule:
Am 2. Juni 2015 schrieb der Schulelternbeirat der Theobald-Ziegler-Schule einen Offenen Brief an den Kultusminister. Er beschwerte sich über die Stundenkürzungen und legte dar, dass man unter diesen Bedingungen den Beispielen anderer Schulen in Frankfurt folgen müsse. Diese bündeln die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf in den Fächern Deutsch und Mathe in sog. "Lerninseln".
"Die Schülerinnen und Schüler werden in diesen Fächern aus der Klasse herausgenommen und gesondert unterrichtet. Das ist in unseren Augen keine Inklusion - sondern als Förderschule in der Schule zu verstehen."
So sieht man es damals noch in Frankfurt.
Im November 2018 schreiben die Eltern der Carlo-Mierendorff-Schule ebenfalls einen Brandbrief, weil die Schule ihnen mitgeteilt hatte, dass zu diesem Schuljahr weitere Stunden gekürzt worden seien. Sie beschreiben als drohende Konsequenz:
"Alle SchülerInnen werden darunter leiden: Das Unterrichten im Zweilehrkräftesystem wird unmöglich gemacht. So werden in Folge dessen an manchen Tagen Schüler*Innen mit Förderbedarf separat unterrichtet."
Das Konzept der Lerninsel hat sich also seit Ratifizierung der UN-BRK von einem inklusiven Instrument gewandelt, hin zu einem exklusiven Drohszenario: Die Exklusion in der Inklusion.
Doch dieses Praxis ist in Frankfurt mittlerweile längst zum Alltag an den Schulen geworden. Mehr noch, man separiert neuerdings viel weitergehend: Seit diesem Schuljahr bündelt die Carlo-Mierendorff-Schule ihre Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung einen ganzen Schultag lang in der sog. "lebenspraktischen Klasse" .
Es ist an der Zeit, diese Modelle im Sinne einer echten Inklusion kritisch zu überdenken und mit Blick auf Art. 24 UN-BRK weiterzuentwickeln: kein Ausschluss der Menschen mit Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem, gleichberechtigter Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen Unterricht.
die am 16.8.2018 von Frau Schiffer-Brahms angekündigte Umstrukturierung der inklusiven Beschulung an der Carlo-Mierendorff-Schule überzeugt uns noch nicht: Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 9 mit dem Föderschwerpunkt geistige Entwicklung (vgl. § 50, Abs. 3 HSchG = Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung) werden neuerdings freitags in einer „lebenspraktischen Klasse“ zusammengefasst und dort von zwei Förderschullehrkräften unterrichtet.
Wir begrüßen das Bemühen der Schule um stete Weiterentwicklung des Schulkonzeptes zur besseren Förderung ihrer Schülerinnen und Schüler; nicht bedacht wurde aber bisher bei diesem Konzept:
Wir empfehlen daher die folgende Anpassung des Konzeptes mit Blick auf Inklusion:
Für Ihre Ideen und Rückmeldungen wenden Sie sich bitte an die Verantwortlichen für die (sonder)pädagogische Förderung an der CMS: