Die hessischen Kreise und Kommunen sind nach § 161 HessSchulG klar verpflichtet, für den Schulweg zu sorgen. Das schließt in besonderen Maße die Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen ein, die nicht imstande sind, den Schulweg selbständig zu bewältigen.
Das Bundessozialgericht hat daher deutlich schon in seinem Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R – formuliert:
Hilfeleistungen zu einer angemessenen Schulbildung umfassen auch die Schülerbeförderung. Sofern keine andere Art der Schülerbeförderung in Betracht kommt, hat der Hilfeträger den Bedarf des behinderten Menschen ggf. durch Übernahme der für die täglichen Fahrten zur und von der Schule anfallenden Kosten für eine individuelle Beförderung mit PKW oder einem Taxi zu decken.
Das bedeutet, die Stadt bzw. der Kreis müssen alles organisieren, damit die Schülerinnen und Schüler zur Schule und wieder nach Hause kommen, z.B.
Es gibt keine Pflicht der Eltern, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren.
Es gibt auch keine Pflicht der Eltern, das Kind zu Fuß im Rollstuhl zur Schule zu schieben (BSG Urteil vom 8.5.2024 – B 8 SO 3/23 [RN21].
Eine bestimmte Strecke gilt gemäß Gesetz auch zu Fuß als zumutbar (in der Grundschulzeit 2km). Das gilt aber nicht für Kinder, die das wegen ihrer Behinderung gar nicht alleine schaffen können.
Das Bundessozialgericht hat erneut im Urteil vom 8.5.2024 – B 8 SO 3/23 R – festgestellt:
Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) umfasst nach § 53, § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII aF iVm § 12 Nr 3 Eingliederungshilfe-VO aF alle Hilfen zum Besuch [der Schule], die im Zusammenhang mit der Ermöglichung der angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (vgl nur BSG vom 25.6.2008 B 11b AS 19/07 R BSGE 101, 79 = SozR 43500 § 54 Nr 1, RdNr 27). Wegen des gewählten Bildungswegs bindet die Entscheidung der Schulverwaltung [ ... ] (im Einzelnen BSG vom 9.12.2016 B 8 SO 8/15 R BSGE 122, 154 = SozR 43500 § 53 Nr 5, RdNr 23). [RN 15] Damit ist der Sozialhilfeträger grundsätzlich zu allen Maßnahmen verpflichtet, die geeignet und erforderlich sind, der Klägerin unter Überwindung der behinderungsbedingt bestehenden Nachteile die Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen. [RN 16]
Der Träger der Eingliederungshilfe kann sich auch nicht damit herausreden, der Schulträger (was ja im Zweifel ohnehin nur ein anderes Amt derselben Gebietskörperschaft wäre) sei zuständig:
[ ... ] ist dies im Verhältnis der Träger untereinander zu klären (vgl BSG vom 18.7.2019 B 8 SO 2/18 R SozR 43500 § 54 Nr 18 RdNr 16). [RN 17]
Eine Kostenbeteiligung der Eltern ist nicht vorgesehen!
Allein behinderungsbedingt entstehende Fahrkosten [gehören] nach wie vor nicht zu den Kosten des Lebensunterhalts und [sind] unabhängig vom Einkommen der Leistungsberechtigten und ihrer Eltern als Leistung der Eingliederungshilfe zu gewähren [ ... ]. [RN 20]
Auch wenn in Einzelfällen das Sozialamt oder das Jugendamt die Kosten der Sachmittel für den Schülertransport übernommen hat, können sie zu Recht auf den Vorrang des Stadtschulamtes bei der Durchführung der Schülerbeförderung verweisen. Hier handelt es sich um eine behördeninterne Zuordnung. § 161 HSchG legt ausdrücklich fest, dass die hessischen Kreise und Kommunen für den Schulweg zu sorgen haben.
Für betroffene Eltern und Schüler ist es letztlich unerheblich, ob städtisches Schulamt oder Sozialamt sich kümmern. Wenn das Schulträger-Amt es nicht tut, muss doch die Eingliederungshilfe den Schulweg organisieren.
Zitat der Angaben auf der Seite des Hessischen Kultusministeriums:
„Die Bedingungen der Schülerbeförderung sind in § 161 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) geregelt. Die Art der Schülerbeförderung sowie die Erstattung der Kosten sind Aufgaben der kommunalen öffentlichen Schulträger. Dies sind die Gemeinden, die Schulträger sind, die kreisfreien Städte und die Landkreise.“
Um Missverständnisse zu vermeiden: Eltern sind im Rahmen ihrer Sorgepflicht sicher zuständig dafür zu sorgen, dass das Kind auf einen zumutbaren Schulweg so vorbereitet wird, dass es diesen selbständig zurücklegen kann. Leider ist dies im Falle von Kindern mit besonderen Einschränkungen nicht immer umsetzbar. Es gibt aber keine Verpflichtung der Eltern, selbst den Schulweg zu organisieren und z.B. das Kind ständig zu begleiten.
Aufgrund der allgemein geltenden Schulpflicht ( = öffentlich rechtliches Sonderverhältnis: die Eltern müssen ihre Fürsorgepflicht an den Staat abgeben, sie haben keine Wahl), ist der Staat verpflichtet, für das gesundheitliche Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg und in der Schule zu sorgen. Gerade Hessen hat dies im Schulgesetz klar geregelt und die Städte und Gemeinden in ihrer Funktion als Schulträger beauftragt, dafür zu sorgen.