Die individuelle Förderung neurodiverser Schüler*innen in Schulen gewinnt zunehmend an Bedeutung, da die Gesellschaft verstärkt danach strebt, die Vielfalt ihrer Mitglieder anzuerkennen und zu fördern. Ein entscheidender Aspekt dieses Prozesses ist der Nachteilsausgleich, der sicherstellen soll, dass Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen die gleichen Chancen erhalten wie ihre Mitschüler*innen. Neurodiverse Schüler*innen, darunter solche mit Aufmerksamkeitsstörungen wie ADHS oder ADS oder solche im Autismus-Spektrum, benötigen oft spezielle Unterstützung, um erfolgreich in der Schule zu sein, insbesondere wenn sie über eine kognitiv durchschnittliche Leistungsfähigkeit verfügen. Ein differenzierter Nachteilsausgleich kann daher entscheidend dazu beitragen, ihren schulischen Erfolg zu fördern. Dafür haben wir beispielhafte folgende Nachteilsausgleiche, aber auch angepasste Klausuren zur Anschauung und Inspiration hier aufgeführt.
Eine verlässliche, vorhersehbare und klare Regelung des Nachteilsausgleichs in der Q-Phase gemäß § 7 Abs. 2/3 VOSGSV könnte folgende Maßnahmen für eine Schülerin umfassen:
Verlängerte Bearbeitungszeiten bei Klausuren um 50%
Begründung:
• Zur Bewältigung von behinderungsbezogenen Unsicherheiten und Ängsten.
• Aufgrund von Reizfilterschwäche, die zusätzliche Zeit erfordert, um sich zu konzentrieren.
• Um mit hoher Ablenkbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten umzugehen.
• Zur Bewältigung abweichender Wahrnehmungsverarbeitung, motorischer Defizite und Einschränkungen beim verbalen und nonverbalen Sprachverständnis.
• Um eigene Zugangswege zum Wissenserwerb und zur Reproduktion von Wissen zu ermöglichen.
• Zur Unterstützung bei fehlender zentraler Kohärenz und mangelnder Vorhersehbarkeit.
• Aufgrund einer Sehbehinderung, die zusätzliche Zeit für die visuelle Wahrnehmungsverarbeitung und die Korrektur benötigt.
Nutzung von Hilfsmitteln
• I-Pad
• Einscannen von Arbeitsblättern und Texten, sowie Abfotografieren des Tafeltextes.
• Lexika in Großdruck.
• Strukturierungshilfen wie Operatorenlisten
Vorhersehbarkeit und Strukturen
• Rechtzeitige Infos zu Prüfungssituationen.
• Kenntnis des Raumes und fester, organisierter Sitzplatz im Klassenraum.
• Möglichst kein Lehrerwechsel, um ein höheres Maß an innerer Sicherheit zu gewährleisten.
• Reduzierte Hausaufgaben und strukturierte Arbeitsblätter.
• Klare und eindeutige Arbeitsaufträge in verschiedenen Fächern.
Individuelle Pausenregelungen
• Möglichkeit für die Schülerin, sich bei Bedarf phasenweise zurückzuziehen, um akustische Reize zu minimieren und ihre Arbeitsaufträge zu erledigen.
• Nutzung von Ohrstöpseln, um akustische Störgeräusche während Arbeitsphasen oder Klassenarbeiten zu reduzieren.
Mündliche Mitarbeit
• Differenzierungen hinsichtlich der Leistungsanforderungen bei gleich bleibenden fachlichen Anforderungen.
• Nutzung des pädagogischen Ermessenspielraums bei der mündlichen Note.
• Freistellung von der Teilnahme an Gruppenarbeiten und Möglichkeit zur alternativen Einzelarbeit.
• Transparente Organisation von Gruppenarbeiten, um die Schülerin einzubeziehen und ihre individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Die besonderen Schwierigkeiten erfordern:
Maßnahmen des Nachteilsausgleich nach § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses.
• Proaktives Zugehen der jeweiligen Lehrkraft auf Schüler, wenn er mit der Arbeit nicht beginnt, abwesend, abgelenkt oder „orientierungslos“ wirkt.
• Sicherstellung des Aufgabenverständnisses, Aufgaben mit Schüler durchsprechen und durch Nachfragen rückversichern, dass er diese verstanden hat.
• Motivation aufbauen, orientiert an den Zielen von Schüler.
• Schüler erhält während Klassenarbeiten Rückmeldung durch die Lehrkraft über den Umfang und die Art der Bearbeitung.
• Zeitzugabe bei Klassenarbeiten (10% Prozent der zuvor veranschlagten Bearbeitungszeit).
• Informationsveranstaltung für die Lehrkräfte der Klasse zum Thema Autismus durch die Therapeutin.
Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung nach § 7 Abs. 3 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses
• Strukturierungshilfen während Klassenarbeiten.
• Genaue Angaben zum geforderten Leistungsumfang, Bepunktung und Gewichtung der einzelnen Teilaufgaben.
• Sicherstellung des Aufgabenverständnisses; Aufgaben mit Schüler durchsprechen und durch Fragen rückversichern, dass er diese verstanden hat.
• Zeitzugabe (10% Prozent der zuvor veranschlagten Bearbeitungszeit).
• Nutzung der Operatorenlisten.
• Besonders in den Nebenfächern Angebote schaffen, in denen Schüler durch thematisch, schriftliche Leistungen (Gestaltung von Plakaten/Collagen o.ä.) seine mündliche Leistung verbessern/ausgleichen kann.
Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung nach § 7 Abs. 4 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses
• Nutzung von Satzbausteinen/ von Strukturierungshilfen/Gliederungshilfen bei Textproduktion im Themenfeld Lyrik/Prosa/ Erörterung/Argumentation.
• Gemeinsame Erarbeitung eines Schreibplans, welcher die Struktur des geforderten Textes darstellt und während der Arbeit genutzt werden kann.
• Alternative zu Gedichtsinterpretationen anbieten: Sachtexte.
• Texte optisch strukturieren, um Inhalte klarer und leichter erfassbar zu machen (Absätze bei neuen Gedankengängen ö.ä.).
• Sprachliche Bilder und Metaphern soweit möglich aus den Texten nehmen bzw. diese eindeutig erklären; es wird keine Erklärung von Schüler für diese Bilder gefordert.
• Zeitweise zurückgreifen auf die Bewertung von schriftlichen statt mündlichen Leistungen z.B. durch schriftliche Ausarbeitungen.
Wenn im Nachteilsausgleich aufgeführt, dass die Aufgaben anders aufbereitet werden, um eine besser Übersicht und Verständlichkeit zu gewährleisten könnte eine Klausur bspw. wie folgt aussehen:
Aufgabe 1 Gib die Grundgedanken des nebenstehenden Textes wieder. Wiedergeben: Beginne mit einem Einleitungssatz. Nutze die Informationen aus dem vorliegenden Material. Drücke die Fachsprache in eigenen Worten aus.
Aufgabe 2
Ziehe für 1. und 2. ausgewählte Textstellen aus Heinrich Manns Text heran. Erläutere: Materialien, Sachverhalte o. Ä. Verdeutliche mit zusätzlichen Informationen und Beispielen
Du hast 90 Minuten Zeit (ohne Wörter zu zählen).
Worterklärungen: Allegorie: